Der Freistaat Bayern gewährt nach Art. 11 Finanzausgleichsgesetz (FAG) an Gemeinden neben den Bedarfszuweisungen im klassischen Sinn (besondere finanzielle Härte, z. B. Gewerbesteuerausfälle) seit dem Jahr 2013 zusätzlich Stabilisierungshilfen.

Indikatoren sind hierbei insbesondere die Strukturschwäche und eine negative demografische Entwicklung der Gemeinde. Ziel der staatlichen Stabilisierungshilfe ist eine Konsolidierung der Kommunalfinanzen, vorrangig in Form der Verringerung der Zins- und Tilgungsleistungen (für die bestehende Verschuldung).

 

Über eine Gewährung von Stabilisierungshilfen entscheidet der Verteilerausschuss im November 2015 (Zusammensetzung: Vertreter des Finanzministeriums und der kommunalen Spitzenverbände).

 

Ein Antrag ist bis spätestens 22.05.2015 dem Landratsamt Rhön-Grabfeld vorzulegen. Das Landratsamt prüft und bewertet den Antrag. Dieser wird dann an die Regierung von Unterfranken weitergeleitet. Von dort geht der Antrag bei positiver Prüfung an das Staatsministerium für Finanzen.

Der Gemeinderat Strahlungen hat sich in seiner Sitzung vom 23.02.2015 bereits ausführlich mit den Antragsvoraussetzungen auseinander gesetzt und befürwortet aufgrund der strukturellen und finanziellen Kriterien eine Antragstellung für 2015.

 

Für einen Antrag auf Stabilisierungshilfe müssen gem. Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat vom 10.02.2015 folgende drei Voraussetzungen erfüllt sein:

1.    Vorliegen einer finanziellen Härte:

Der Saldo der freien Finanzspanne muss in den letzten 5 Jahren vor Antragstellung (2010 bis 2014) negativ gewesen sein.

Nach Prüfung durch die Verwaltung trifft diese Voraussetzung für die Gemeinde Strahlungen nicht zu. Die freie Finanzspanne stellt sich in diesen Jahren wie folgt dar:

2010:                        + 93.000 €
2011:                        + 89.000 €
2012:                        + 109.000 €
2013:                        + 29.000 €
2014                         + 149.000 €
Summe:                   + 469.000 €

Rein rechnerisch ist die Voraussetzung der finanziellen Härte nicht erfüllt. Allerdings wird sich die freie Finanzspanne der Gemeinde im Jahr 2015 und in den Finanzplanungsjahren erheblich verschlechtern.
Im Haushaltsjahr 2015 kann der Verwaltungshaushalt nur durch eine Zuführung vom Vermögenshaushalt in Höhe von 37.000 € ausgeglichen werden. Die Deckung der laufenden Tilgungsverpflichtungen in Höhe von 62.000 € führt im Ergebnis zu einer negativen freien Finanzspanne. In den Jahren 2016 bis 2018 setzt sich diese Entwicklung unverändert fort.

  1. Vorliegen einer strukturellen Härte:

    Die strukturelle Härte wird im Rahmen einer Gesamtschau beurteilt. Indikatoren sind:

a.    Die Steuerkraft in den 5 Jahren vor dem Antragsjahr ist im Durchschnitt dieser 5 Jahre weit unterdurchschnittlich (in der Regel mehr als 20 %)

Folgende Steuerkraft/EW der Gemeinde im Verhältnis zum Landesdurchschnitt (vergleichbar großer Gemeinden) liegt vor:

Jahr              Gemeinde                Landesdurchschnitt           Abweichung in %
                                                                                                         2010 – 2014:
2010                                              374,80 €                            492 €   - 23,82 %
2011                                              369,84 €                            448 €   - 17,45 %
2012                                              367,77 €                            452 €   - 18,63 %
2013                                              386,79 €                            482 €   - 19,75 %
2014                                              375,29 €                            504 €   - 25,54 %

Abweichung 2010-2014 im Durchschnitt                           - 21,00 %

Die strukturelle Härte liegt vor sowohl im Bereich der eigenen Steuerkraft, die
21 % unter dem Landesdurchschnitt liegt (Zeitraum 2010 bis 2014 im Durchschnitt) als auch die demografische Entwicklung, der Rückgang der Einwohnerzahlen im Vergleich der Jahre 2004 mit 2014. Hier liegt der Einwohnerrückgang bei 4,34 %, die Tendenz ist nicht positiv, die Gemeinde liegt in einem Raum mit besonderem Handlungsbedarf - RmbH.

und / oder

b.    Überdurchschnittlicher Einwohner-Rückgang in den letzten 10 Jahren vor der Antragstellung (in der Regel ab einem Rückgang von 5 %)

Statistische Einwohnerzahl 30.06.2004:                      944
Statistische Einwohnerzahl 30.06.2014:                      903

entspricht einem Rückgang von 4,34 % in den letzten 10 Jahren.

und / oder

c.    Einwohnerzahl im Verhältnis zur Fläche der Kommune in der Regel unter 25 % des entsprechenden Bayern-Durchschnitts

Gemeinde Strahlungen: 13,43 qkm Fläche,
bedeutet bei 903 Einwohnern pro qkm 67 EW

Bayern-Durchschnitt 178 EW/qkm

damit liegt die Gemeinde Strahlungen im Verhältnis zum Bayern-Durchschnitt bei 37,64 % und damit über 25 %

und / oder

d.    Unterdurchschnittliche wirtschaftliche Leistungskraft der Gemeinde - Einflussfaktoren:

-       Für die Breitbandversorgung des Ortseiles Rheinfeldshof fallen wegen der Autobahn A 71 und der damit verbundenen erschwerten Trassenführung erhebliche Mehrkosten an. Damit muss die Gemeinde einen Aufwand von rd. 60.000 € selbst tragen, trotz einem Fördersatz nach Breitbandrichtlinie von 80 %

-       Die Autobahn BAB 71 stellt erheblichen Eingriff in den Gemarkungsbereich dar und zerteilt diesen durch die Trassenführung. Trotz der Lärmschutzmaßnahmen bestehen negative Emissionseinflüsse
Es ist kein greifbarer Mehrwert durch die Autobahnnähe für die Gemeinde vorhanden, da sie über keine direkte Anbindung verfügt. Dies hat erhebliche Folgewirkungen und insbesondere ist damit eine negativ beeinflusste Positionierung im Wettbewerb verbunden. Dies wirkt sowohl auf die Ansiedlung von Gewerbe als auch auf die allgemeine Gemeindeentwicklung

-      Daneben muss die Gemeinde mit der zusätzlichen Erschwernis leben, dass sich im Gemarkungsbereich eine erhebliche Vorrangfläche nach der Regionalplanung für den Steinabbau (Steinbruch) befindet, damit ist die Entwicklungsmöglichkeit der Gemeinde stark eingeschränkt

-      Der Gemeinde fehlen aufgrund der strukturell angespannten Haushaltslage die Finanzmittel für eine konzeptionelle Innenentwicklung. Es können nur sehr eingeschränkt Mittel für den Erwerb von Flächen und Leerständen zur Neuordnung zur Verfügung gestellt werden (jährliche 20.000 €).

3.    Vorhandensein eines nachhaltigen Konsolidierungswillens:

Hierzu ist die Erarbeitung und Umsetzung eines Haushaltskonsolidierungskonzepts erforderlich (10-Punkte-Katalog).
Der Gemeinderat wird in Zusammenarbeit mit der Verwaltungsgemeinschaft ein Haushaltskonsolidierungskonzept (HKK) erstellen, der Beschluss hierzu wird mit dem Entwurf des Konzeptes in der heutigen Sitzung erfolgen.

Der Schwerpunkt der Verwendung einer Stabilisierungshilfe stellt die Schuldentilgung dar. Sondertilgungen sind bis Mitte 2016 im Umfang von rd. 110.000 € möglich.
Daneben hat die Gemeinde für die bestehende Verschuldung von 1.038.170 € (Stand: 31.12.2014) einen hohen jährlichen Schuldendienst von rd. 100.000 € zu tragen.

Die Stabilisierungshilfe lässt auch einen finanziellen Rahmen für investive Maßnahmen der Gemeinde im Pflichtaufgabenbereich.

Die Gemeinde Strahlungen hat in ihrem Investitionsprogramm zum Haushaltsplan 2015 rd. 1.450.000 € im Pflichtaufgabenbereich eingeplant.
Im Jahr 2014 wurde mit dem Neubau des Kindergartens mit Krippe und Hort begonnen. Die Notwendigkeit ergab sich auf Basis der geänderten Anforderungen an die Betreuungssituation der Familien und der Nachfrage vor Ort. Der bisherige (Regel-)Kindergarten konnte unter Wirtschaftlichkeitsaspekten nicht mehr saniert werden. Unter Berücksichtigung der Finanzierungsmittel des Staates und der Kirche (freigemeinnütziger Träger) liegt der Eigenanteil der Gemeinde nach der Entwurfsplanung bei 645.000 €.

Daneben fallen die Kosten für die Breitbandversorgung des Ortsteils Rheinfeldshof an, welcher nur durch erschwerte Bedingungen möglich ist (s. Nr. 2 d).

Die Gemeinde muss zur Gewährleistung des Brandschutzes dringend Räume für die Feuerwehr schaffen, zum weiteren hat das vorhandene Feuerwehrfahrzeug aufgrund seines Alters nur noch eine beschränkte Einsatzzeit. Die Beschaffung eines Ersatzfahrzeuges ist zeitnah geboten.

Für diese Maßnahmen, die alle im Pflichtaufgabenbereich der Gemeinde liegen sind die o. g. Mittel im Haushaltsjahr 2015 eingeplant. Gerade im Bereich Kindergarten, Krippe, Hort und Feuerwehr reicht der Mittelbedarf aber noch zusätzlich in die Finanzplanung. Im Jahr 2016 muss die Gemeinde nochmals rd. 700.000 € für diese Projekte einplanen.

Dies ist nur zu bewältigen durch eine geplante neue Kreditaufnahme im Jahr 2015 in Höhe von 790.000 €. Der Schuldendienst belastet die Gemeinde in den Folgejahren zusätzlich, auch wenn ggf. Sondertilgungen auf Grund der verzögert eingehenden Zuschüsse und sonstigen Einnahmen für die Maßnahmen möglich sein könnten.


Beschluss:

 

Der Gemeinderat Strahlungen beschließt aufgrund struktureller und finanzieller Probleme einen Antrag auf Stabilisierungshilfe im Jahr 2015 mit einer Antragssumme von 500.000 € zu stellen.

 

Der Antrag der Gemeinde Strahlungen wird mit den im vorstehenden Sachverhalt vorgetragenen Argumenten begründet und dem Landratsamt Rhön-Grabfeld vorgelegt.

 

Der Gemeinderat beschließt weiterhin den Entwurf des beigefügten Haushaltskonsolidierungskonzeptes (HKK) mit der dazugehörigen Erfassungsliste. Der Entwurf wird in Zusammenarbeit mit der Verwaltungsgemeinschaft weiter ergänzt und vom Gemeinderat in der Endfassung beschlossen und dem Antrag auf Stabilisierungshilfe für 2015 nachgereicht.


Abstimmungsergebnis:

 

Ja-Stimmen:

7

Mitgliederzahl:

9

Nein-Stimmen:

0

Anwesend:

7