Sitzung: 20.04.2015 GSN/004/2015
Der Freistaat Bayern gewährt nach Art. 11 Finanzausgleichsgesetz (FAG)
an Gemeinden neben den Bedarfszuweisungen im klassischen Sinn (besondere
finanzielle Härte, z. B. Gewerbesteuerausfälle) seit dem Jahr 2013 zusätzlich Stabilisierungshilfen.
Indikatoren sind hierbei insbesondere die Strukturschwäche
und eine negative demografische
Entwicklung der Gemeinde. Ziel der staatlichen Stabilisierungshilfe ist
eine Konsolidierung der Kommunalfinanzen, vorrangig in Form der Verringerung
der Zins- und Tilgungsleistungen (für die bestehende Verschuldung).
Über eine Gewährung von Stabilisierungshilfen entscheidet der
Verteilerausschuss im November 2015 (Zusammensetzung: Vertreter des
Finanzministeriums und der kommunalen Spitzenverbände).
Ein Antrag ist bis spätestens 22.05.2015 dem Landratsamt Rhön-Grabfeld
vorzulegen. Das Landratsamt prüft und bewertet den Antrag. Dieser wird dann an
die Regierung von Unterfranken weitergeleitet. Von dort geht der Antrag bei
positiver Prüfung an das Staatsministerium für Finanzen.
Der Gemeinderat Strahlungen hat sich in seiner Sitzung vom 23.02.2015
bereits ausführlich mit den Antragsvoraussetzungen auseinander gesetzt und
befürwortet aufgrund der strukturellen und finanziellen Kriterien eine
Antragstellung für 2015.
Für einen Antrag auf Stabilisierungshilfe müssen gem. Schreiben des
Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat
vom 10.02.2015 folgende drei
Voraussetzungen erfüllt sein:
1.
Vorliegen einer
finanziellen Härte:
Der Saldo der freien Finanzspanne muss in den letzten 5 Jahren vor Antragstellung
(2010 bis 2014) negativ gewesen sein.
Nach Prüfung durch die Verwaltung trifft diese Voraussetzung für die Gemeinde
Strahlungen nicht zu. Die freie Finanzspanne stellt sich in diesen
Jahren wie folgt dar:
2010: +
93.000 €
2011: +
89.000 €
2012: +
109.000 €
2013: +
29.000 €
2014 + 149.000 €
Summe: + 469.000 €
Rein rechnerisch ist die Voraussetzung der finanziellen Härte nicht erfüllt.
Allerdings wird sich die freie Finanzspanne der Gemeinde im Jahr 2015 und in
den Finanzplanungsjahren erheblich verschlechtern.
Im Haushaltsjahr 2015 kann der Verwaltungshaushalt nur durch eine Zuführung vom
Vermögenshaushalt in Höhe von 37.000 € ausgeglichen werden. Die Deckung der
laufenden Tilgungsverpflichtungen in Höhe von 62.000 € führt im Ergebnis zu
einer negativen freien Finanzspanne. In den Jahren 2016 bis 2018 setzt sich
diese Entwicklung unverändert fort.
- Vorliegen
einer strukturellen Härte:
Die strukturelle Härte wird im Rahmen einer Gesamtschau beurteilt. Indikatoren sind:
a.
Die Steuerkraft in den 5 Jahren vor dem Antragsjahr
ist im Durchschnitt dieser 5 Jahre weit unterdurchschnittlich (in der
Regel mehr als 20 %)
Folgende Steuerkraft/EW der Gemeinde im Verhältnis zum Landesdurchschnitt
(vergleichbar großer Gemeinden) liegt vor:
Jahr Gemeinde Landesdurchschnitt Abweichung
in %
2010 – 2014:
2010 374,80
€ 492 € - 23,82 %
2011 369,84
€ 448 € - 17,45 %
2012 367,77
€ 452 € - 18,63 %
2013 386,79
€ 482 € - 19,75 %
2014 375,29
€ 504 € - 25,54 %
Abweichung 2010-2014 im Durchschnitt - 21,00 %
Die strukturelle Härte liegt vor sowohl im Bereich der eigenen Steuerkraft, die
21 % unter dem Landesdurchschnitt liegt (Zeitraum 2010 bis 2014 im
Durchschnitt) als auch die demografische Entwicklung, der Rückgang der
Einwohnerzahlen im Vergleich der Jahre 2004 mit 2014. Hier liegt der
Einwohnerrückgang bei 4,34 %, die Tendenz ist nicht positiv, die Gemeinde liegt
in einem Raum mit besonderem Handlungsbedarf - RmbH.
und / oder
b.
Überdurchschnittlicher Einwohner-Rückgang in den
letzten 10 Jahren vor der Antragstellung (in der Regel ab einem Rückgang von 5
%)
Statistische Einwohnerzahl 30.06.2004: 944
Statistische Einwohnerzahl 30.06.2014: 903
entspricht einem Rückgang von 4,34 % in
den letzten 10 Jahren.
und / oder
c.
Einwohnerzahl im Verhältnis zur Fläche der Kommune
in der Regel unter 25 % des entsprechenden Bayern-Durchschnitts
Gemeinde Strahlungen: 13,43 qkm Fläche,
bedeutet bei 903 Einwohnern pro qkm 67 EW
Bayern-Durchschnitt 178 EW/qkm
damit liegt die Gemeinde Strahlungen im Verhältnis zum Bayern-Durchschnitt bei 37,64
% und damit über 25 %
und / oder
d.
Unterdurchschnittliche wirtschaftliche
Leistungskraft der Gemeinde - Einflussfaktoren:
-
Für die Breitbandversorgung des Ortseiles
Rheinfeldshof fallen wegen der Autobahn A 71 und der damit verbundenen
erschwerten Trassenführung erhebliche Mehrkosten an. Damit muss die Gemeinde
einen Aufwand von rd. 60.000 € selbst tragen, trotz einem Fördersatz nach
Breitbandrichtlinie von 80 %
-
Die Autobahn BAB 71 stellt erheblichen Eingriff in
den Gemarkungsbereich dar und zerteilt diesen durch die Trassenführung. Trotz
der Lärmschutzmaßnahmen bestehen negative Emissionseinflüsse
Es ist kein greifbarer Mehrwert durch die Autobahnnähe für die Gemeinde
vorhanden, da sie über keine direkte Anbindung verfügt. Dies hat
erhebliche Folgewirkungen und insbesondere ist damit eine negativ beeinflusste
Positionierung im Wettbewerb verbunden. Dies wirkt sowohl auf die Ansiedlung
von Gewerbe als auch auf die allgemeine Gemeindeentwicklung
-
Daneben muss die Gemeinde mit der zusätzlichen
Erschwernis leben, dass sich im Gemarkungsbereich eine erhebliche Vorrangfläche
nach der Regionalplanung für den Steinabbau (Steinbruch) befindet, damit ist
die Entwicklungsmöglichkeit der Gemeinde stark eingeschränkt
-
Der Gemeinde fehlen aufgrund der strukturell
angespannten Haushaltslage die Finanzmittel für eine konzeptionelle
Innenentwicklung. Es können nur sehr eingeschränkt Mittel für den Erwerb von
Flächen und Leerständen zur Neuordnung zur Verfügung gestellt werden (jährliche
20.000 €).
3.
Vorhandensein
eines nachhaltigen Konsolidierungswillens:
Hierzu
ist die Erarbeitung und Umsetzung
eines Haushaltskonsolidierungskonzepts erforderlich (10-Punkte-Katalog).
Der Gemeinderat wird in Zusammenarbeit mit der Verwaltungsgemeinschaft ein
Haushaltskonsolidierungskonzept (HKK) erstellen, der Beschluss hierzu wird mit
dem Entwurf des Konzeptes in der heutigen Sitzung erfolgen.
Der Schwerpunkt
der Verwendung einer Stabilisierungshilfe stellt die Schuldentilgung dar.
Sondertilgungen sind bis Mitte 2016 im Umfang von rd. 110.000 € möglich.
Daneben hat die Gemeinde für die bestehende Verschuldung von 1.038.170 €
(Stand: 31.12.2014) einen hohen jährlichen Schuldendienst von rd. 100.000 €
zu tragen.
Die Stabilisierungshilfe lässt auch einen
finanziellen Rahmen für investive Maßnahmen der Gemeinde im
Pflichtaufgabenbereich.
Die Gemeinde Strahlungen hat in ihrem
Investitionsprogramm zum Haushaltsplan 2015 rd. 1.450.000 € im
Pflichtaufgabenbereich eingeplant.
Im Jahr 2014 wurde mit dem Neubau des Kindergartens mit Krippe und Hort
begonnen. Die Notwendigkeit ergab sich auf Basis der geänderten Anforderungen
an die Betreuungssituation der Familien und der Nachfrage vor Ort. Der
bisherige (Regel-)Kindergarten konnte unter Wirtschaftlichkeitsaspekten nicht
mehr saniert werden. Unter Berücksichtigung der Finanzierungsmittel des Staates
und der Kirche (freigemeinnütziger Träger) liegt der Eigenanteil der Gemeinde
nach der Entwurfsplanung bei 645.000 €.
Daneben fallen die Kosten für die Breitbandversorgung des Ortsteils
Rheinfeldshof an, welcher nur durch erschwerte Bedingungen möglich ist (s. Nr.
2 d).
Die Gemeinde muss zur Gewährleistung des Brandschutzes dringend Räume für die
Feuerwehr schaffen, zum weiteren hat das vorhandene Feuerwehrfahrzeug aufgrund
seines Alters nur noch eine beschränkte Einsatzzeit. Die Beschaffung eines
Ersatzfahrzeuges ist zeitnah geboten.
Für diese Maßnahmen, die alle im Pflichtaufgabenbereich der Gemeinde liegen
sind die o. g. Mittel im Haushaltsjahr 2015 eingeplant. Gerade im Bereich
Kindergarten, Krippe, Hort und Feuerwehr reicht der Mittelbedarf aber noch
zusätzlich in die Finanzplanung. Im Jahr 2016 muss die Gemeinde nochmals rd.
700.000 € für diese Projekte einplanen.
Dies ist nur zu bewältigen durch eine geplante neue Kreditaufnahme im Jahr 2015 in Höhe von 790.000 €. Der
Schuldendienst belastet die Gemeinde in den Folgejahren zusätzlich, auch wenn
ggf. Sondertilgungen auf Grund der verzögert eingehenden Zuschüsse und
sonstigen Einnahmen für die Maßnahmen möglich sein könnten.
Beschluss:
Der Antrag der
Gemeinde Strahlungen wird mit den im vorstehenden Sachverhalt vorgetragenen
Argumenten begründet und dem Landratsamt Rhön-Grabfeld vorgelegt.
Der Gemeinderat
beschließt weiterhin den Entwurf des beigefügten
Haushaltskonsolidierungskonzeptes (HKK) mit der dazugehörigen Erfassungsliste.
Der Entwurf wird in Zusammenarbeit mit der Verwaltungsgemeinschaft weiter
ergänzt und vom Gemeinderat in der Endfassung beschlossen und dem Antrag auf
Stabilisierungshilfe für 2015 nachgereicht.
Abstimmungsergebnis:
Ja-Stimmen: |
7 |
Mitgliederzahl: |
9 |
Nein-Stimmen: |
0 |
Anwesend: |
7 |