Mit Schreiben vom 15.01.2016 beantragt eine Anwohnerin im Ahornweg die Änderung der gemeindlichen Verordnung über die Reinhaltung und Reinigung der öffentlichen Straße und die Sicherung der Gehbahnen im Winter. Die Antragstellerin möchte die Verordnung dahingehend abgeändert haben, dass bei einem einseitigen Gehweg nicht wie bisher nur derjenige zum Winterdienst verpflichtet ist, der mit seinem Grundstück an dem Gehweg angrenzt sondern auch der gegenüberliegende Grundstückseigentümer (wechselnde Winterdienstpflicht). Der Antrag wird im Wesentlichen dahingehend begründet, dass die Räumpflicht der Anwohner auf deren Grundstücksseite sich ein Gehweg befindet als ungerecht empfunden wird und eine einseitig Belastung (Kosten, Zeit und Organisation) darstellt.

 

Die Verwaltung nimmt dazu wie folgt Stellung:

 

Gemäß Art 51 Abs. 4 Bayerisches Straßen- und Wegegesetz (BayStrWG) können die Kommunen im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen durch Rechtsverordnung die Reinhaltung und Reinigung sowie den Winterdienst auf die Anwohner übertragen. Die Gemeinde Strahlungen hat mit der Verordnung vom 16.07.2002 diese Möglichkeit wahrgenommen.

 

In § 2 Abs. 2 der Verordnung sind die Gehwege definiert. Die Regelung für den Winterdienst stellt sich demnach so dar, dass derjenige, bei dem sich vor seinem Grundstück ein Gehweg befindet, diesen Räumen muss. Ist in der Straße kein Gehweg vorhanden, muss auf beiden Seiten der Straße ein Streifen von 1 m Breite geräumt werden.

 

Diese Regelung verstößt gemäß Urteil des Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) vom 25.04.1989 nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art 3 Abs. 1 Grundgesetz). Das Urteil wurde vom Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) mit Beschluss vom 25.07.1989 bestätigt.
Den Begründungen zu den höchstrichterlichen Entscheidungen ist folgendes zu entnehmen: „Der unmittelbare Angrenzer ist dem Gehweg nicht nur räumlich näher, sondern er hat auch die größeren Vorteile durch ihn. Nur ihm, nicht dem Eigentümer oder Nutzungsberechtigten des gegenüberliegenden Grundstücks, bietet der Gehweg einen unmittelbaren Zugang zum Grundstück.“
Diese Entscheidung der Gerichte bedeutet jedoch nicht, dass es der Gemeinde verwehrt wäre, alle Straßenanlieger mit der Sicherungspflicht zu belasten. Grundsätzlich liegt dies im Ermessen der Gemeinde.

 

Es muss jedoch dabei beachtet werden, dass eine wechselnde Winterdienstpflicht für alle Straßenanlieger im Gemeindegebiet einheitlich gelten muss, da sonst gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen wird. Eine unterschiedliche Regelung z. B. bei Neubaugebieten und im Altortbereich ist somit nicht möglich. Hier beginnen die Schwierigkeiten für die Gemeinde wenn alle Anwohner für den Winterdienst an Gehwegen herangezogen werden sollen, da, insbesondere im Altortbereich, zum Teil sehr unübersichtliche Grundstücksverhältnisse bestehen (vgl. Fotos und Lageplan). Die Gemeinde ist hier bei Streitigkeiten in der Regelungspflicht. Die Überwachung und Regelung einer geteilten Räumpflicht würde einen wesentlich größeren Verwaltungsaufwand nach sich ziehen, welcher durch die Gemeinde selbst zu organisieren wäre.

 

Um den effektiven Geschäftsgang der Verwaltung aller Mitgliedsgemeinden in der VG zu gewährleisten, ist auch Sinn und Zweck der Aufgaben sowie ihre Bedeutung gegenüber anderen Aufgaben vor einer Festlegung genau zu betrachten. Die Grundsätze einer wirtschaftlichen und zielorientierten Verwaltung würden bei Einführung eines wechselnden Räum- und Streudienstes der Anlieger in keinem Verhältnis zu bringen sein. Der Bürgermeisterausschuss der VG hat daher bestimmt, eine solche Aufgabe der Anordnung und vor allem der Überwachung, wie auch den Vollzug eines wechselnden Räum- und Streudienstes der Anlieger unter Berücksichtigung der weiteren Aufgaben der Verwaltung nicht durch die VG zu übernehmen. Er müsste durch die Gemeinde selbst organisiert werden (Bauhof, Gemeinderäte, …).

 

Außerdem wären in einem hohen Maß Auslegungs- und Vollzugsstreitigkeiten über die Vorschrift zu erwarten und würden dem Ortsfrieden eher abträglich sein.

 

Die Verordnung mit ihrer jetzigen Regelung bedeutet für alle Beteiligten uneingeschränkte Rechtsicherheit. Die Verordnung der Gemeinde Strahlungen entspricht im Wesentlichen der Musterverordnung des Bayerischen Gemeindetages und der Musterverordnung des Kommentars zum Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes. Bei beiden Musterverordnungen ist keine geteilte Räumpflicht vorgesehen. Eine Änderung wäre somit weder sachgerecht noch sinnvoll.

 

 

Die Verwaltung empfiehlt deshalb die jetzige Regelung der Verordnung beizubehalten und nicht abzuändern.


Beschluss:

 

Der Gemeinderat beschließt aufgrund der vorgenannten Argumente die Verordnung über die Reinhaltung und Reinigung der öffentlichen Straße und die Sicherung der Gehbahnen im Winter nicht abzuändern. Die Reinigungspflicht der angrenzenden Grundstückseigentümer bei einem Einseitigen Gehweg bleibt bestehen. Diese Regelung widerspricht nicht dem Gleichheitsgrundsatz.


Abstimmungsergebnis:

 

Ja-Stimmen:

8

Mitgliederzahl:

9

Nein-Stimmen:

0

Anwesend:

8