Sitzung: 20.06.2016 GSN/006/2016
Mit Schreiben vom 15.01.2016 beantragt eine Anwohnerin im Ahornweg die
Änderung der gemeindlichen Verordnung über die Reinhaltung und Reinigung der
öffentlichen Straße und die Sicherung der Gehbahnen im Winter. Die
Antragstellerin möchte die Verordnung dahingehend abgeändert haben, dass bei
einem einseitigen Gehweg nicht wie bisher nur derjenige zum Winterdienst verpflichtet
ist, der mit seinem Grundstück an dem Gehweg angrenzt sondern auch der
gegenüberliegende Grundstückseigentümer (wechselnde Winterdienstpflicht). Der
Antrag wird im Wesentlichen dahingehend begründet, dass die Räumpflicht der
Anwohner auf deren Grundstücksseite sich ein Gehweg befindet als ungerecht
empfunden wird und eine einseitig Belastung (Kosten, Zeit und Organisation)
darstellt.
Die Verwaltung nimmt dazu wie folgt Stellung:
Gemäß Art 51 Abs. 4 Bayerisches Straßen- und Wegegesetz (BayStrWG) können
die Kommunen im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen durch Rechtsverordnung die
Reinhaltung und Reinigung sowie den Winterdienst auf die Anwohner übertragen.
Die Gemeinde Strahlungen hat mit der Verordnung vom 16.07.2002 diese
Möglichkeit wahrgenommen.
In § 2 Abs. 2 der Verordnung sind die Gehwege definiert. Die Regelung
für den Winterdienst stellt sich demnach so dar, dass derjenige, bei dem sich
vor seinem Grundstück ein Gehweg befindet, diesen Räumen muss. Ist in der
Straße kein Gehweg vorhanden, muss auf beiden Seiten der Straße ein
Streifen von 1 m Breite geräumt werden.
Diese Regelung verstößt gemäß Urteil des Bayerische Verwaltungsgerichtshof
(BayVGH) vom 25.04.1989 nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art 3 Abs. 1
Grundgesetz). Das Urteil wurde vom Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) mit
Beschluss vom 25.07.1989 bestätigt.
Den Begründungen zu den höchstrichterlichen Entscheidungen ist folgendes zu
entnehmen: „Der unmittelbare Angrenzer ist dem Gehweg nicht nur räumlich näher,
sondern er hat auch die größeren Vorteile durch ihn. Nur ihm, nicht dem
Eigentümer oder Nutzungsberechtigten des gegenüberliegenden Grundstücks, bietet
der Gehweg einen unmittelbaren Zugang zum Grundstück.“
Diese Entscheidung der Gerichte bedeutet jedoch nicht, dass es der Gemeinde
verwehrt wäre, alle Straßenanlieger mit der Sicherungspflicht zu belasten.
Grundsätzlich liegt dies im Ermessen der Gemeinde.
Es muss jedoch dabei beachtet werden, dass eine wechselnde
Winterdienstpflicht für alle Straßenanlieger im Gemeindegebiet einheitlich gelten
muss, da sonst gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen wird. Eine
unterschiedliche Regelung z. B. bei Neubaugebieten und im Altortbereich ist somit
nicht möglich. Hier beginnen die Schwierigkeiten für die Gemeinde wenn alle
Anwohner für den Winterdienst an Gehwegen herangezogen werden sollen, da,
insbesondere im Altortbereich, zum Teil sehr unübersichtliche
Grundstücksverhältnisse bestehen (vgl. Fotos und Lageplan). Die Gemeinde ist
hier bei Streitigkeiten in der Regelungspflicht. Die Überwachung und Regelung
einer geteilten Räumpflicht würde einen wesentlich größeren Verwaltungsaufwand
nach sich ziehen, welcher durch die Gemeinde selbst zu organisieren wäre.
Um den effektiven Geschäftsgang der Verwaltung aller Mitgliedsgemeinden in
der VG zu gewährleisten, ist auch Sinn und Zweck der Aufgaben sowie ihre
Bedeutung gegenüber anderen Aufgaben vor einer Festlegung genau zu betrachten.
Die Grundsätze einer wirtschaftlichen und zielorientierten Verwaltung würden
bei Einführung eines wechselnden Räum- und Streudienstes der Anlieger in keinem
Verhältnis zu bringen sein. Der Bürgermeisterausschuss der VG hat daher
bestimmt, eine solche Aufgabe der Anordnung und vor allem der Überwachung, wie
auch den Vollzug eines wechselnden Räum- und Streudienstes der Anlieger unter
Berücksichtigung der weiteren Aufgaben der Verwaltung nicht durch die VG zu
übernehmen. Er müsste durch die Gemeinde selbst organisiert werden (Bauhof,
Gemeinderäte, …).
Außerdem wären in einem hohen Maß Auslegungs- und Vollzugsstreitigkeiten
über die Vorschrift zu erwarten und würden dem Ortsfrieden eher abträglich
sein.
Die Verordnung mit ihrer jetzigen Regelung bedeutet für alle Beteiligten
uneingeschränkte Rechtsicherheit. Die Verordnung der Gemeinde Strahlungen
entspricht im Wesentlichen der Musterverordnung des Bayerischen Gemeindetages
und der Musterverordnung des Kommentars zum Bayerischen Straßen- und
Wegegesetzes. Bei beiden Musterverordnungen ist keine geteilte Räumpflicht
vorgesehen. Eine Änderung wäre somit weder sachgerecht noch sinnvoll.
Die Verwaltung empfiehlt deshalb die jetzige Regelung der Verordnung
beizubehalten und nicht abzuändern.
Beschluss:
Der Gemeinderat beschließt aufgrund der vorgenannten Argumente die
Verordnung über die Reinhaltung und Reinigung der öffentlichen Straße und die
Sicherung der Gehbahnen im Winter nicht abzuändern. Die
Reinigungspflicht der angrenzenden Grundstückseigentümer bei einem Einseitigen
Gehweg bleibt bestehen. Diese Regelung widerspricht nicht dem
Gleichheitsgrundsatz.
Abstimmungsergebnis:
Ja-Stimmen: |
8 |
Mitgliederzahl: |
9 |
Nein-Stimmen: |
0 |
Anwesend: |
8 |